Flüchtlinge in Dießen –
Unterbringung ohne Konzept

Deutschland und die EU schotten die Festung Europa wieder ab. Mazedonien und die Türkei übernehmen die Drecksarbeit für die Balkanroute, in Libyen werden für diese Arbeit die Verbündeten noch gesucht. Der Bundestag hat mit dem Asylpaket II die Lage verschärft.

Die Betreuung der Flüchtlinge in Dießen ist mangelhaft, weil die öffentlichen Stellen bis heute über kein Konzept verfügen oder das Konzept der Mangel ist. Die ehrenamtlichen Helfer sind weitgehend auf sich gestellt.

Die politische Situation sowie die Lage in Dießen waren das Thema unserer Veranstaltung. Referenten waren Stephan Dünnwald vom Bayerischen Flüchtlingsrat und Rainer Michler, ein ehrenamtlicher Unterstützer der Flüchtlinge in Dießen. Die Moderation übernahm der Journalist Thies Marsen.

Die Veranstaltung fand am Mittwoch, 27. April, um 19.30 Uhr im „Maurerhansl“ statt.

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Die EU hat mit dem islamistischen Regime in der Türkei einen schmutzigen Handel abgeschlossen: Erdogan hält Flüchtlinge aus Afghanistan, Irak und Syrien fern. Dafür bekommt er viel Geld, darf die Opposition unterdrücken und kurdische Zivilisten massakrieren. Auf den griechischen Inseln werden Abschiebelager eingerichtet. „Beide Seiten – EU und Türkei – treten Menschen- rechte mit Füßen“, urteilt Human Rights Watch. Die Landgrenze zur Türkei haben Bulgarien und Griechenland seit langem mit Zaun und Stacheldraht verbarrikadiert. Nur deshalb wagen sich Flüchtlinge überhaupt in Schlauchboo- ten auf die Ägäis.

Das Schlagwort von der „Sicherung der Außengrenzen“ bedeutet Mauer, Stacheldraht und Schießbefehl. Die AfD-Führerinnen und Boris Palmer von den Grünen sprechen die Konsequenzen offen aus. „Es sind nicht die Zeiten für Pippi-Langstrumpf oder Ponyhof-Politik“, erklärte der Oberbürgermeister von Tübingen. Der Bundestag verschärft das Asylrecht laufend, im Bundesrat stim- men die Grünen, mit ihrem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, zu. Das Asylpaket II bedeutet, Minderjährige dürfen ihre Familien erst nach zwei Jahren nachholen. Ihnen bleibt die „illegale“ lebensgefährliche Flucht über das Mittel- meer. Die Zahl der Frauen und Kinder auf der Flucht hat sich massiv erhöht, teilt das Kinderhilfswerk UNICEF mit. Die Balkan-Sonderlager in Manching und Bamberg werden zu „Transitzentren“ umgewandelt. Dort werden Flüchtlin- ge aus vermeintlich sicheren Herkunftsländern interniert sowie Menschen, deren Herkunftsland unklar ist oder denen unterstellt wird, Pässe vernichtet zu haben. Abschiebungen können leichter und schneller durchgeführt werden.

Im Frühling 2014 sind die ersten Flüchtlinge in Dießen angekommen. Zurzeit leben etwa 180 Flüchtlinge in Wohnungen, Einfamilienhäusern und größeren Unterkünften in Bischofsried und Riederau mit bis zu 60 Bewohnern. Die meis- ten stammen aus Eritrea und Syrien. Zum großen Teil sind es junge Männer und nur einzelne Familien mit Kindern. Manche befinden sich seit mehr als zwei Jahren im Asylverfahren. Das bedeutet, ihr Status ist ungeklärt und sie müssen in einer Unterkunft auf engstem Raum leben. Nur wenige sind bisher als Flücht- linge anerkannt und haben damit etwas Sicherheit für die nächsten Jahre. Aufgrund des knappen Angebots und der hohen Mieten wird es für sie schwer, eine Bleibe zu finden. Werden sie obdachlos, ist die Kommune für ihre Unter- bringung zuständig.

Auf der Veranstaltung wollten wir uns sowohl mit der politischen Entwicklung als auch der Situation vor Ort beschäftigen. Wie steht es um Spracherwerb, Arbeit und Beschäftigung? Wie werden die Flüchtlinge betreut? Was können Bürger und Vereine, Gemeinde und Landkreis tun, um den Menschen das Ankommen möglich zu machen? Notwendig wäre ein Flüchtlingsrat am Ort mit allen Beteiligten, vor allem den Flüchtlingen selbst, sowie ein öffentlicher Treffpunkt. Die Kommune kann dieses Ziel sehr wohl dadurch unterstützen, in dem sie Häuser im sozialen Wohnungsbau und Unterkünfte für anerkannte Asylbewerber errichtet.